Meine Stellungnahme zu einem Zeitungsartikel in der Rheinpfalz, ursprünglich von der dpa

„Sehr geehrte Damen und Herren,

zu Ihrem Artikel „So arbeiten gute Hundetrainer“ möchte ich gerne Stellung beziehen. Anlass hierfür ist, dass sehr häufig Artikel und Berichterstattungen in diversen Medien auftauchen und vermeintliches Fachwissen verbreiten. „Vermeintlich“ gilt insbesondere für Ihre schlecht recherchierte Berichterstattung mit Empfehlungen, die nur die „halbe Wahrheit“ der Hundeerziehung abbilden, wenn davon berichtet wird, dass „gute Trainer mit positiver Verstärkung, keinesfalls mit Strafen arbeiten“. Insbesondere sind derartige Aussagen ideologisch gefärbt und in der romantischen Vorstellung vermeintlicher Expertinnen verankert.

Aus eigener Erfahrung der Hundehaltung seit 20 Jahren mit bereits 10 eigenen Tierschutzhunden und durch meine Berufstätigkeit als Hundetrainerin, kann ich von derartigen Artikeln, wie dem Ihren nur abraten, diesen als Richtschnur in der Hundeerziehung zu nehmen.

Wenn ich medial unterwegs bin, beunruhigt es mich doch, was Hunden alles geboten und zugeschrieben wird! Da werden Methoden kreiert „Dingsda nach…“. Oft unwissenschaftlich, aber modern und dem Zeitgeist entsprechend. Oder vermeintlich „Wissenschaftliches“ wird zurechtgebogen, dass die eigene Idee und Ideologie auch eine Einbettung findet, die sie rechtfertigt. Und meist mit Vehemenz vertreten wird! Man kann dann noch den eigenen Namen hinter die eigene Haltung dranhängen und schwupps, schon hat man… ja, was hat man? Eine Idee verwirklicht, in die man vielleicht selbst am meisten verliebt ist.

Selbstverständlich gibt es Methoden, die tierschutzrelevant sind und die KEINE Anwendung finden sollten. Und selbstverständlich ist der Umgang und die Arbeit mit einem Hund immer individuell und angepasst an das Verhalten des Hundes. „Extrem positiv und nett“ und „extrem bestrafend und krass“ ist das, was Ihr Artikel aufzeigt! Es gibt doch noch viel mehr zwischen diesen beiden Extremen! Erziehung ist ein sozialer Prozess, in dem Mensch und Hund in ihrem persönlichen, sozialen Gefüge eine angemessene Form des Zusammenlebens finden müssen. Und in unserer für den Hund sehr anspruchsvollen Welt, müssen Hunde lernen sich zurechtzufinden, um entspannt darin leben zu können. Und Begrenzung kann in der Erziehung sehr wohl einen Raum einnehmen: dürfen und müssen, wenn nötig, angepasst an den Hund und das Verhalten! Erzieherische Themen sind häufig soziale Themen, die nicht über Kommandos wie „sitz, platz, fuß“ zu klären sind und berühren somit einen völlig anderen Bereich. Was nützt es, wenn ein Hund „sitz“ kann und dem nächsten Artgenossen „eine runterhaut“!

Würde man in Ihrem Artikel das Wort „Hund“ mit „Kind“ austauschen, so würde jeder in der Erziehung Tätige die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Zu Recht! Hunde sind keine Kinder, aber es sind hochsoziale Lebewesen, deren Beziehungs- und Sozialstruktur dem des Menschen sehr ähnelt.

In der Recherche fehlt zudem ein Großteil der Lerntheorie! U. a.:

  • „positiv belohnen“ heißt etwas Angenehmes hinzufügen
  • „positiv bestrafen“ heißt etwas Unangenehmes hinzufügen
  • „negativ belohnen“ heißt etwas Unangenehmes wird genommen
  • „negativ bestrafen“ heißt etwas Angenehmes wird genommen

Und alle Teile können völlig unspektakulär sein, passieren häufig ganz automatisch und unbewusst und vermitteln dem Hund doch klar, was erlaubt ist oder auch nicht.

Schauen Sie sich in deutschen Tierheimen um! Sie werden ganz viele Hunde finden, die nur noch schwer vermittelbar bis gar nicht mehr vermittelbar sind. Viele davon sind ausschließlich mit „positiver Belohnung“ erzogen worden und finden sich dann in einer Umwelt nicht mehr zurecht. Sie sind verdonnert Menschen zu finden, die sich ihnen widmen und fristen nicht selten ein nicht Hund gerechtes Dasein.

Wenn Sie ernsthaft recherchieren, sollte Ihnen bewusst werden,  dass Ihr Artikel mehr als nur undifferenziert ist und einer Korrektur bedarf!

Mit freundlichen Grüßen

Sonja Pfannebecker-Schröter“