Menschenwege und Hundewege:

So war mein Weg… Für Nicco „Tiggi“

Manchmal frage ich mich: Was ist nur los mit Menschen, die Hunde haben?! Mein erster Hund „Tiggi“ war ein Tierschutzhund aus Rumänien. Ich wollte einen Hund und dabei einem helfen, der in Not war. Das war im Jahr 2003. Was ich so über Hunde dachte, erfüllte sich gar nicht. Ich glaube, ich hatte ein gutes Bauchgefühl im Umgang mit ihm und meinen beiden nachfolgenden Hunden. Aber wir kamen miteinander irgendwie nicht weiter, stießen immer wieder an Grenzen und es war ganz schön anstrengend. Klar, einer der auf der Straße aufwuchs und lebte, wusste doch was das Leben DORT erforderlich macht und bedeutet. Das brauchte ich ihm nicht erklären! Was macht man in einer solchen Situation? Man geht in eine Hundeschule! Ich überlegte gar nicht lange wohin. Eine Empfehlung reichte und so landete ich in einer Hundeschule, in der sich mein „Bauchgefühl“ und bodenständige Haltung gegenüber Hunden langsam aber stetig aushöhlte!

Wie ist es um mich geschehen, dass ich das zulassen konnte? Was ist passiert und hat sich da eingeschlichen? Es wurde viel gesprochen über Beschwichtigungssignale, wie schlimm doch andere Hundetrainer sind, wie unfair Menschen gegenüber ihren Hunden doch sind, die ein deutliches Verbot ihm gegenüber kommunizieren… man nur noch positiv belohnt… wie stressig das Hundeleben doch ist und was ich meinem Hund gegenüber alles nicht darf… Ein Halsband glich einem gefährlichen Hilfsmittel, nein, nur ein Brustgeschirr durfte es sein. Das „Spiel“ (oder klarer formuliert: die Manipulation) mit meinen Emotionen und Ängsten hat funktioniert! „Wenn ich das tue, dann…“ schwebte über mir wie ein Damoklesschwert. Es sei enorm wichtig den Hund „freundschaftlich“ zu führen. Leckerchen, Leckerchen, Leckerchen… bloß keine Konflikte annehmen und etwas punktgenau zu verbieten, wie es ein Hund sogar selbst zeigen würde. Probleme wurden „umgelenkt“ und somit „umschifft“… Ja, es wurde auch gegähnt (PS: Meinem Tiggi war das ganz plump ausgedrückt: scheißegal). Die Beziehung zum Hund, die an einem vermeintlich doch sehr dünnen Faden zu hängen schien, wollte ich natürlich nicht abreißen lassen. Dazu waren und sind mir meine Hunde zu wichtig und wertvoll. Ja, ich liebe meine Hunde! Und dennoch verlor ich auf diesem Weg den natürlichen Bezug zu ihnen! Stetig, schleichend, aber mit aller Wucht wuchs meine Handlungsunfähigkeit meinen Hunden gegenüber! Und diese machten was sie wollten… Vier lange Jahr dachte ich ihnen DAS richtige Training und Leben zu bieten. Spielraum für andere Haltungen oder Umgangsweisen ließ ich nicht zu. Heute kann ich nur noch den Kopf darüber schütteln auf welchen „Zug ich aufgesprungen“ bin! Ein Leben im Ausweichen, Zentrieren des Hundes, Anstrengungen und kein Weiterkommen! Ich holte mir zum Problem noch ein Problem: Die Nummer vier! Lennox! Er kam und setzte durch sein Verhalten dem Ganzen die Krone auf und damit eine Grenze. Gott sei dank!!!

Unsere Geschichte nahm ein Happy End. Ich fand Unterstützung bei der Hundeschule Petra Assmann -Danke an Petra Assmann!!!- damals in Lampertheim und auch wieder zu einem gesunden Gefühl und klaren Verhältnissen im Umgang mit meinen Hunden. Und es hat lange gedauert bis meine Gefühle wieder Normalität erlangten und Tränen sind auch geflossen über die verpasste Zeit und Klarheit meinen Hunden gegenüber… während diese außer „Rand und Band“ waren.  Das Ergebnis des Umdenkens und Umlernens waren ausgeglichene Verhältnisse der Hunde untereinander, entspanntes Zusammenleben und durch klare Grenzsetzung erhebliche Freiräume FÜR meine Hund und MICH! Und das alles ziemlich schnell.

Genau DAS, nämlich ERZIEHUNG, sind wir ihnen schuldig!

Das meiste, von dem was mir über Hunde erzählt wurde in diesen vier Jahren Trainingszeit, stellte sich als Seifenblase heraus, die plötzlich zerplatzte. Hier wollte ich weitermachen, es ging uns gut! Ich informierte mich vielseitig, besuchte viele Seminare bei verschiedenen Hundetrainern und Trainerausbildungsstätten. Das, was ich erlebt hatte, sollte sich nicht wiederholen. So führte mich mein Weg zu Canis – Zentrum für Kynologie. Es war das Beste, was mir passieren konnte! Ich landete in der Trainerausbildung und bin seit Juli 2015 Canis-Absolventin. Die Herausforderungen mit und um Hunde haben nicht geendet, sondern fingen erst hier an. Neue, andere Hunde, traten in mein Leben.

Wenn ich medial unterwegs bin, beunruhigt es mich doch, was Hunden alles geboten und zugeschrieben wird! Da werden Methoden kreiert „Dingsda nach…“. Oft unwissenschaftlich, aber modern und dem Zeitgeist entsprechend. Oder vermeintlich „Wissenschaftliches“ wird zurechtgebogen, dass die eigene Idee und Ideologie auch eine Einbettung findet, die sie rechtfertigt. Man kann dann noch den eigenen Namen hinten dran hängen und schwupps, schon hat man… ja, was hat man dann? Eine Idee verwirklicht, in die man vielleicht selbst am meisten verliebt ist. Wellness, Ayurveda, Heilerarbeit, ADHS oder gar Psychotherapie oder Traumatherapie mit Krisenintervention für Hunde. Oje!!! Sind so viele Hunde oder gar Menschen hilfebedürftig?! Wenn ja, woran liegt es? Sind es Trends, die gut klingen? Oftmals ja! Brauchen Menschen oder Hunde all das wirklich? Auch wenn es tatsächlich (wenige!) Hunde gibt, die spezielle Erfordernisse mitbringen, bin ich überzeugt davon, dass man sich eines gesunden Menschenverstandes und Bauchgefühls bedienen darf, um einen Hund zu erziehen!

Auch der Umgang zwischen Hundehaltern erstaunt mich immer wieder. Wie rau der Umgangston der Menschen untereinander ist, wer wen wie belehrt, was denn nun richtig oder falsch ist im Umgang mit dem Hund, bis hin zu Anfeindungen. Insbesondere wenn es darum geht seinen Hund zu begrenzen – öffentlich! Ich würde sogar soweit gehen und sagen, die sozialen Medien können gefährlich werden, wenn Menschen diskreditiert werden und manches Mal eine Hetzjagd losgetreten wird. Das Internet: Segen und Fluch!

Ich frage mich: Was ist aus dem natürlichen Umgang mit unseren Hunden geworden? Ich möchte im Sinne meines verstorbenen Tiggi’s antworten:

Mensch bleib Mensch, Hund bleib Hund!